Die 10 wichtigsten Werke von Franz Kafka

Franz Kafka – einer der einflussreichsten Schriftsteller der deutschsprachigen Literatur. Sein Werk aus Erzählungen, Aphorismen, Briefen und drei unvollendeten Romanen ist erstaunlich reich an Nuancen und sprachlicher Finesse. Doch alle Texte eint die kafkaeske Beklommenheit, vor deren Kulisse der Autor die zentralen Fragen menschlicher Existenz seziert.

Kafka zu lesen, ist heute ein generationenübergreifendes Projekt: Gefühle von Isolation und Entfremdung aus Die Verwandlung durchdringen die Popkultur, der Brief an den Vater drückt die seit Menschengedenken stets wiederkehrende Verstrickung elterlich-kindlicher Beziehungen aus, Der Prozess lässt uns die Absurdität unserer Rolle im gesellschaftlichen Geflecht aus Institutionen und Regularien spüren. Kafkas Themen sind persönlich. Und gleichzeitig sind es aktuelle gesellschaftliche Themen, wenn auch in einem mittlerweile hundert Jahre alten Gewand.

Doch dass wir Kafka überhaupt erleben können, verdanken wir einer unerwarteten biografischen Wendung, die ihrerseits eine existenzielle Frage aufwirft: Was ist der letzte Wille wert? Denn ob Kafkas Freund Max Brod nach dessen Tod die unveröffentlichten Texte des Schriftstellers herausgeben durfte oder nicht, darüber herrscht Uneinigkeit. Dass er die Blätter gerade nicht dem Feuer überantwortet hat, wie Kafka es wollte, verschafft uns Nachgeborenen den Genuss eines literarischen Werkes von größter Intimität und voller loser Enden. Wer Kafka liest, begibt sich auf eine unvergleichliche Entdeckungsreise in das Innere einer getriebenen Persönlichkeit – und des eigenen Selbst.

Alle hier aufgeführten Prosatexte und viele weitere sind in der unten vorgestellten Kafka-Gesamtausgabe enthalten.

Dieses Jahr am 3. Juni jährt sich Kafkas Todestag zum 100. Mal. Zum Kafka-Jahr 2024 gibt es am Schluss noch einen ganz besonderen Bonus für alle, die durch Kafkas Schreiben hindurch der Persönlichkeit und dem Leben des Autors auf die Spur kommen wollen.

  1. Die Verwandlung
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Die Verwandlung« von Franz Kafka
    •  verfilmt 
    •  Novelle 

    In Die Verwandlung berichtet Kafka von Gregor Samsa, einem Tuchhändler und Handelsreisenden, der eines Morgens aufwacht und feststellt, dass er sich in ein „Ungeziefer“ verwandelt hat. Kafka beschreibt detailliert die physischen und emotionalen Veränderungen, die Gregor durchläuft, während er mit den Reaktionen seiner Familie, seiner Arbeit und der Gesellschaft konfrontiert wird. Die Verwandlung isoliert ihn und entfremdet ihn zunehmend von seiner Familie, die ihn schließlich aufgibt und sterben lässt.

    Die Verwandlung ist die längste Erzählung Kafkas, die zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde. Sie wurde mehrmals verfilmt und auch für andere Kunstformen adaptiert, etwa für Oper, Comic und Bildhauerei. Damit ist sie die wohl bekannteste und meistzitierte Erzählung des Autors und einer jener klassischen literarischen Texte, die auch in der Popkultur einen erheblichen Einfluss haben.

    Genre
    Klassiker
    Surrealismus
    Literatur der Moderne
    Erstveröffentlichung
    1915
  2. Der Prozess
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Der Prozess« von Franz Kafka
    •  unvollendeter Roman 

    Josef K., ein Bankangestellter, wird ohne erkennbaren Grund in einem undurchsichtigen Gerichtsprozess angeklagt. Verzweifelte Versuche K.s, den Grund seiner Anklage herauszufinden, scheitern. Ebenso bleibt schleierhaft, wie K. sich verteidigen könnte. Obwohl er den Prozess zunächst zu ignorieren versucht, verstrickt sich K. immer mehr in eine surreale Justizmaschinerie. Das Gericht dringt seinerseits zunehmend in K.s Leben ein. Schließlich fügt sich K. einem unausgesprochenen Urteils, doch die Konsequenz, die er erleidet, ist erschreckend real.

    Der Prozess ist einer von drei unvollendeten Romanen Kafkas, die alle posthum veröffentlicht wurden. Der Autor erforscht darin subtil die menschliche Natur, die Suche nach Sinn und die Abgründe der Existenz in einer Welt, die von Absurdität und Willkür regiert wird. Obwohl der Text unvollendet ist, gilt er als abgeschlossenes Werk und wurde auch als solches veröffentlicht. Darüber hinaus wurde die Geschichte viele Male für Theater und Film sowie für musikalische Werke adaptiert.

    Genre
    Absurde Literatur
    Klassiker
    Literatur der Moderne
    Erstveröffentlichung
    1925
  3. Brief an den Vater
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Brief an den Vater« von Franz Kafka
    •  autobiografisch 
    •  Brief 

    Kafka schrieb diesen Brief an seinen Vater, nachdem dieser Kafkas Heiratsplänen widersprochen hatte. Der Brief umfasst 103 handschriftliche Seiten und ist der Versuch, die komplexe Beziehung zu seinem autoritären Vater schreibend zu bewältigen. Kafka wählte dafür nach eigener Aussage die Form des „Advokatenbriefs“. Der Text ist eine komplexe Anklage- und Verteidigungsschrift.

    Der Brief an den Vater wurde nie abgeschickt. 1920 überließ Kafka ihn Milena Jesenská. Er gilt als das bedeutendste autobiografische Zeugnis des Schriftstellers. Er beinhaltet verschiedene Elemente, die auch in anderen Texten vorkommen, etwa die Übergestalt der Vaterfigur in Das Urteil oder das Motiv des „Ungeziefers“ in Die Verwandlung. Damit ist der Brief an den Vater der Schlüssel zu vielen von Kafkas Werken.

    Genre
    Klassiker
    Literatur der Moderne
    Erstveröffentlichung
    1919
  4. Das Urteil
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Das Urteil« von Franz Kafka
    •  Vater-Sohn-Beziehung 
    •  Novelle 

    Georg Bendemann steht in Korrespondenz mit einem Freund in Sankt Petersburg. Doch weil dieser ein erfolgloses Leben führt, erzählt Georg ihm nichts von seinem eigenen Wohlstand und überwindet sich nur zögerlich, seine bevorstehende Heirat zu erwähnen. Im Streit mit dem Vater stellt sich jedoch heraus, dass dieser hinter Georgs Rücken den Freund bereits über alles informiert hat. Der Vater macht dem Sohn Vorwürfe über dessen Geschäftstätigkeit und über die geplante Heirat, die nicht standesgemäß sei. Schließlich fällt der Vater ein endgültiges Urteil, das der Sohn selbst vollstreckt.

    Kafka schrieb Das Urteil in nur einer Nacht. Es ist seine erste größere zusammenhängende Geschichte und sein Schritt zum Schriftsteller von Weltrang. Der darin dargestellte Vater-Sohn-Konflikt ist ein Hauptmotiv bei Kafka, das aufgrund seiner autobiografischen Bedeutung in viele seiner Texte eingeflossen ist.

    Genre
    Klassiker
    Literatur der Moderne
    Erstveröffentlichung
    1913
  5. Das Schloss
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Das Schloss« von Franz Kafka
    •  unvollendeter Roman 

    Landvermesser K. wird in ein geheimnisvolles Dorf bestellt. Dort weiß man jedoch nichts Genaues darüber, sodass K. lediglich als Schuldiener im Dorf arbeiten darf. Das Schloss ist ein undurchschaubarer Verwaltungsapparat, welcher der Einwohnerschaft des Dorfes Regeln auferlegt und mit Sanktionen bei Nichteinhaltung droht. Obwohl es nie zu einem Sanktionsfall kommt, verhalten sich die Menschen untertänig. In diesem bürokratischen Geflecht versucht K., sich dem Schloss zu nähern, scheitert aber an der Undurchdringlichkeit der Situation.

    Das Schloss ist einer der drei unvollendeten Romane Kafkas und wurde erst nach dessen Tod veröffentlicht. Kafka erkundet darin Themen wie die Suche nach Identität, die Auswirkungen von Hierarchie und die Sinnlosigkeit von bürokratischen Strukturen. Der dargestellte Verwaltungsapparat ist allem anderen übergeordnet, sodass er als Ort göttlicher Gnade anmutet.

    Genre
    Klassiker
    Literatur der Moderne
    Erstveröffentlichung
    1926
  6. Ein Hungerkünstler
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Ein Hungerkünstler« von Franz Kafka
    •  Kurzgeschichte 

    In dieser Kurzgeschichte beschreibt Kafka einen Künstler, der als Attraktion auf Jahrmärkten öffentlich tagelang fastet. Doch das Publikum misstraut ihm, unterstellt einen Trick, erkennt nicht die Kunst, die ihn gegenüber allen anderen Menschen besonders macht. Schließlich kommt die Kunst des Hungerns aus der Mode, das Publikum interessiert sich nicht mehr für den Künstler, und er scheidet kläglich dahin.

    Der Hungerkünstler ist eine Allegorie auf den Künstler als Individuum, den Kafka in seiner Erzählung facettenreich in der Zwickmühle von Kunst, Publikum und Kunstbetrieb darstellt. Das Käfigleben, das unbeständige Publikumsinteresse, der mächtige Impresario und selbst die 40 Hungertage sind reiche Metaphern, in denen sich Kafkas ganze Kunstfertigkeit zeigt.

    Genre
    Klassiker
    Literatur der Moderne
    Erstveröffentlichung
    1922
  7. Ein Landarzt
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Ein Landarzt« von Franz Kafka
    •  surreal 

    Ein Arzt wird zu einem schwerkranken Patienten gerufen. Damit beginnt eine Abfolge von surrealen Ereignissen. Nach einer Reise durch den Schneesturm endlich bei dem Kranken angekommen, sieht der Arzt sofort, dass er nichts mehr tun kann. Daraufhin nötigt ihn die Dorfgemeinschaft zu magischen Praktiken. Ein Kinderchor singt: „Und heilt er nicht, so tötet ihn!“ Dem Arzt gelingt die nackte Flucht, doch das zuvor schnelle Pferd will einfach kein Tempo machen.

    Als Inspiration für Ein Landarzt diente vermutlich Kafkas Onkel, über den der Autor einst schrieb: „Und er lebt so auf dem Land, unausreißbar, zufrieden, so wie einen eben ein leise rauschender Irrsinn zufrieden machen kann, den man für die Melodie des Lebens hält.“ Kafka selbst bezeichnete die Geschichte als eine seiner wenigen wirklich gelungenen Erzählungen.

    Genre
    Klassiker
    Literatur der Moderne
    Erstveröffentlichung
    1918
  8. Der Verschollene
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Der Verschollene« von Franz Kafka
    •  unvollendeter Roman 
    •  Amerika 

    Weil der junge Karl Roßmann ein Dienstmädchen geschwängert und damit Unehre auf sich geladen hat, schicken ihn die Eltern nach Amerika. Dort kommt er bei einem reichen Onkel unter. Doch auch bei diesem fällt er in Ungnade und landet auf der Straße. Zwei Landstreicher bereichern sich an Karl, kosten ihn seine Stellung als Liftjunge und machen ihn mit Gewalt zu ihrem Diener. Karl träumt jedoch träumt davon, als Bürobeamter oder beim Theater zu arbeiten.

    Der Verschollene ist einer von drei unvollendeten Romanen Kafkas. Er entstand zwischen 1911 und 1914, wurde aber erst posthum veröffentlicht. In frühen Ausgaben trägt der Text den Titel „Amerika“. Obwohl Kafka Stereotype über Amerika aufgreift – ständiges Unterwegssein und die Reise nach Westen – und insgesamt ein düsteres Bild zeichnet, ist überliefert, dass er die Erzählung versöhnlich enden lassen wollte.

    Genre
    Klassiker
    Literatur der Moderne
    Erstveröffentlichung
    1927
  9. Briefe an Milena
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Briefe an Milena« von Franz Kafka
    •  autobiografisch 
    •  Briefe 
    •  Freundschaft 

    Milena Jesenská war Journalistin, Schriftstellerin und die erste Übersetzerin von Kafkas Texten ins Tschechische. Während einer kurzen, intensiven Phase des Austauschs schrieb Kafka eine Reihe von Briefen an sie, die eine intime Freundschaft und eine komplexe Liebesbeziehung bezeugen. Diese Briefe prägt eine außergewöhnliche sprachliche Schönheit und das Offenbarwerden von Kafkas innersten Gedanken, Ängsten und Zweifeln.

    Die Briefe an Milena zählen zu den großen Briefdokumenten des 20. Jahrhunderts. Sie werden häufig als essenzieller Bestandteil von Kafkas literarischem Schaffen gesehen. Eine absolute Leseempfehlung für alle, die sich für Kafkas inneres Leben interessieren.

    Milena Jesenská war übrigens eine überaus engagierte Briefschreiberin. Während ihre Briefe an Kafka als verschollen gelten, zeichnet ihre überlieferte und erschienene Korrespondenz das Bild einer intelligenten Frau, Freundin und Mutter. Jesenskás eigenes schriftstellerisches Schaffen in Feuilletons und Reportagen wurde 2020 herausgegeben und erzielte den Rang eines Sachbuchbestsellers.

    Genre
    Biografie
    Erstveröffentlichung
    1952
  10. 10 

    Der Bau
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Der Bau« von Franz Kafka
    •  stream of consciousness 
    •  absurder Realismus 
    •  Kurzgeschichte 

    Der Bau ist eine von Kafkas faszinierendsten Erzählungen. Aus der Perspektive eines Tieres geschrieben, berichtet sie von dessen Obsession, seinen Bau zu erweitern, zu schützen und zu perfektionieren. Kafkas präzise Sprache und die detaillierte Darstellung des Baus erzeugen eine beklemmende Atmosphäre, in der er Themen wie die Angst vor Kontrollverlust, selbstgewählte Isolation und Fragen der Verletzlichkeit von Existenz verhandelt.

    Der Bau, obwohl unvollendet und erst posthum veröffentlicht, ist ein Meisterwerk des absurden Realismus. Die Erzählung reiht sich ein neben Texten von Autoren wie James Joyce und Arthur Schnitzler, die von der damals aufkommenden Erzähltechnik des Stream of Consciousness geprägt sind. Insofern ist Der Bau eine für die Zeit höchst moderne Darstellung von Motiven, welche in zahlreichen anderen Texten Kafkas ebenfalls anklingen.

    Genre
    Literatur der Moderne
    Erstveröffentlichung
    1931
  11. Bonus: 

    Franz Kafka – Gesammelte Werke
    von Franz Kafka

    Buchcover zu »Franz Kafka – Gesammelte Werke« von Franz Kafka
    •  Gesamtausgabe 

    2012 hat der Anaconda Verlag sämtliche Prosatexte Kafkas in einer Gesamtausgabe veröffentlicht. Bis auf die Briefe an Milena enthält diese die hier aufgeführten Texte sowie alle weiteren, die teils von Kafka zu Lebzeiten veröffentlicht wurden und teils erst nach seinem Tod erschienen sind.

    Damit liegt eine vollständige Werksammlung vor, zu der Kafkainteressierte jederzeit zurückkehren können, um den Autor immer wieder neu zu entdecken. Obendrein macht sich dieser schöne Leinenband mit Goldprägung in jedem Bücherregal gut.

    Genre
    Klassiker
    Literatur der Moderne
  12. Bonus: 

    Kafka – Um sein Leben schreiben
    von Rüdiger Safranski

    Buchcover zu »Kafka – Um sein Leben schreiben« von Rüdiger Safranski
    •  Franz Kafka 
    •  Schreiben 

    Kafka ist bekannt als fast manischer Autor, für den Leben und Schreiben Synonyme sind: „Ich bestehe aus Literatur“, gestand er in einem Brief seiner Verlobten. Jenes Schreiben macht Safranski zum Gegenstand seiner Kafka-Biografie: Er zeichnet die persönliche Entwicklung Kafkas, indem er biografische Skizzen aus dessen Werk, Briefen und Tagebüchern zusammensetzt. So stellen sich die Konflikte und Beziehungen des Autors in einer Intimität dar, als erzähle Kafka sie selbst.

    Pünktlich zum Kafka-Jahr 2024 erschien die neue Biografie im Hanser Verlag. Rüdiger Safranski ist als Biograf großer deutscher Schriftsteller bekannt, etwa von Goethe, Schiller, Hölderlin und Nietzsche. Eine umfassende Biografie brauchte er im Falle Kafkas jedoch nicht zu schreiben, denn die hat Reiner Stach in beeindruckender Ausführlichkeit bereits vorgelegt. Kafka – Um sein Leben schreiben ist ein stiller, ausgesprochen lesbarer Text, der Neulingen Kafkas Werk leicht zuänglich macht. Und wer sich bereits zu den Kafka-Begeisterten zählt, wird darin spannende Blickwinkel und Details entdecken.

    Genre
    Biografie
    Erstveröffentlichung
    2024