Die 10 besten Bücher des magischen Realismus

Der magische Realismus – ein Genre, das gewissermaßen Inbegriff für faszinierende und gleichzeitig anspruchsvolle Literatur geworden ist. Denn in keinem anderen Genre ist die Grenze zwischen der wahrhaftigen Alltagsrealität und dem Übernatürlichen so dünn. Seine Geschichten integrieren das Phantastische ins Wirkliche, in ihnen wird das Surreale gewohnheitsmäßig erlebt, anstatt halluzinatorisch.

Der magische Realismus in der Literatur entstand Mitte des 20. Jahrhunderts in Lateinamerika an der Bruchlinie zwischen Technologie und Aberglauben als Antwort auf den Kolonialismus und die Diktatur. Unter dem Einfluss Europas, nicht zuletzt Franz Kafkas und des Surrealismus, schufen seine wegbereitenden Autor:innen Geschichten über soziale, politische und historische Themen. Deren Komplexität stellten sie durch die Vermengung von individuellen Wirklichkeiten und kollektiver mythischer Erfahrung dar.

Seitdem hat sich der literarische magische Realismus über die gesamte Welt verbreitet und genreübergreifend Geschichten und Bilder hervorgebracht. In der bildenden Kunst, die in Form der Neuen Sachlichkeit als Ursprung des magischen Realismus betrachtet werden kann, zählen Maler:innen wie Frida Kahlo, Salvador Dalí und Friedensreich Hundertwasser zu seinen Vertreter:innen. Zu den erfolgreichsten Filmen des Genres gehören etwa Pans Labyrinth (Guillermo del Toro, 2006), Big Fish (Tim Burton, 2003) und Die fabelhafte Welt der Amélie (Jean-Pierre Jeunet, 2001), die jeweils ein Millionenpublikum erreicht haben.

An den folgenden zehn Titeln kommt auf keinen Fall vorbei, wer brillante und gleichzeitig unterhaltsame Literatur liebt.

  1. Hundert Jahre Einsamkeit
    von Gabriel García Márquez

    Buchcover zu »Hundert Jahre Einsamkeit« von Gabriel García Márquez
    •  Familiengeschichte 
    •  Kolumbien 

    Hundert Jahre Einsamkeit erzählt die Geschichte der Familie Buendía: von der Gründung des paradiesisch abgeschiedenen Dorfes Macondo bis zu dessen Vereinnahmung und völligen Zerstörung, von unbändiger Vitalität bis zu blinder Selbstzerstörung, von Schöpfungskraft über Bürgerkrieg bis zu lethargischem Dahinsiechen. Márquez schafft eine einzigartige Erzählwelt, in der sich Realität und Magie zu einer vielschichtigen Wirklichkeit verweben. Hin- und herschwingend zwischen Klatsch und Poesie, inszeniert die Geschichte die menschlichsten aller Themen: Liebe, Trauer und Tod.

    Mit dem Erscheinen von Hundert Jahre Einsamkeit erlangte Marquez Weltruhm. 1982 wurde ihm als bislang einzigem kolumbianischem Autor der Literaturnobelpreis verliehen. Seit Jahrzehnten ist Márquez einer der meistgelesenen lateinamerikanischen Autoren überhaupt. Sein Roman – in mehr als 30 Sprachen übersetzt und über 30 Millionen mal verkauft – gilt vielen als die Definition des literarischen magischen Realismus und als Revolution der lateinamerikanischen Literatur. Ganz gleich ob das den Tatsachen entspricht oder nicht: Die Buendía-Familiensaga ist eine faszinierende, zeitlose Geschichte und längst Weltliteratur.

    Genre
    Magischer Realismus
    Klassiker
    Erstveröffentlichung
    1967
    Originalsprache
    Spanisch
    Originaltitel
    Cien años de soledad
    Übersetzung
    Dagmar Ploetz
  2. Erzählungen: Universalgeschichte der Niedertracht / Fiktionen / Das Aleph
    von Jorge Luis Borges

    Buchcover zu »Erzählungen: Universalgeschichte der Niedertracht / Fiktionen / Das Aleph« von Jorge Luis Borges
    •  Argentinien 
    •  anspruchsvoll 

    Der Argentinier Jorge Luis Borges war einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Obwohl sein literarisches Schaffen vergleichsweise überschaubar ist und er keine Romane geschrieben hat, hat sein außergewöhnlicher Erzählstil Generationen von Autor:innen weltweit beeinflusst. Die komplexen philosophischen Ideen, mit denen er souverän die Grenzen von Wahrheit und menschlicher Wahrnehmung verschiebt, machen ihn zum unbestrittenen Wegbereiter des magischen Realismus.

    In diesem Band sind drei Sammlungen von Erzählungen des Autors vereint: Mit den verzerrten Biografien in Universalgeschichte der Niedertracht erfindet Borges den magischen Realismus in der lateinamerikanischen Literatur. In der berühmten Erzählung „Die Bibliothek von Babel“ (aus Fiktionen) spekuliert er über die Idee einer unendlichen Büchersammlung, die jeden möglichen Text enthält. In den Geschichten aus Das Aleph ergründet ein fiktionalisierter Borges die Realität und die Unendlichkeit des Universums.

    Borges’ Texte, geprägt von einem immensen Wissen über Literatur, Philosophie, Geschichte und Mythologie, sind ein Genuss für alle, die Freude an intellektuellen Entdeckungsreisen haben.

    Genre
    Magischer Realismus
    Kurzgeschichten
    Erstveröffentlichung
    1935
    Originalsprache
    Spanisch
    Originaltitel
    Historia universal de la infamia / Ficciones / El Aleph
    Übersetzung
    Gisbert Haefs
  3. Der Schatten des Windes
    von Carlos Ruiz Zafón

    Buchcover zu »Der Schatten des Windes« von Carlos Ruiz Zafón
    •  Pageturner 
    •  Spanien 

    Der Schatten des Windes von Carlos Ruiz Zafón spielt im Barcelona der Nachkriegszeit. Der Roman erzählt die Geschichte des jungen Daniel, der ein geheimnisvolles Buch entdeckt und sich auf die Suche nach dessen rätselhaftem Autor begibt. Doch die zunächst unschuldige Recherche wird zur Gefahr, als ein Maskierter sich Daniels Exemplar zu bemächtigen versucht. Die Geschichte verbindet reale Orte in Barcelona und mehrere Zeitstränge zwischen den frühen 20er-Jahren bis zur Franco-Diktatur nach 1945.

    In Spanien, dem Heimatland des Autors, stand Der Schatten des Windes über drei Jahre lang auf den Bestsellerlisten, in Deutschland immerhin zwei Wochen lang auf Platz 1. Weltweit wurden mehr als 15 Millionen Exemplare verkauft. Dieser Roman ist ein Muss für alle, die Atmosphäre und Spannung lieben.

    Der Schatten des Windes ist der erste Band einer vierteiligen Reihe und wird gefolgt von Das Spiel des Engels, Der Gefangene des Himmels und Das Labyrinth der Lichter.

    Genre
    Magischer Realismus
    Thriller
    Mystery
    Erstveröffentlichung
    2001
    Originalsprache
    Spanisch
    Originaltitel
    La sombra del viento
    Übersetzung
    Peter Schwaar
  4. 1Q84
    von Haruki Murakami

    Buchcover zu »1Q84« von Haruki Murakami
    •  Japan 

    Der Roman 1Q84 des japanischen Autors Haruki Murakami erzählt die Geschichte von Aomame, einer Profikillerin, die feministisch motivierte Rachemorde verübt, und Tengo, einem Mathematiklehrer und nebenberuflichem Schriftsteller. In der realen Welt sind sie Fremde. Doch als beide unabhängig voneinander in die Parallelwelt „1Q84“ geraten, ist das unwahrscheinliche Paar plötzlich bedeutsam miteinander verbunden.

    Murakami gilt als ein Meistererzähler der Gegenwart. Trotz der über 1000 Seiten ist 1Q84 durchweg faszinierend. Und anders als viele japanische Autor:innen enthüllt Murakami seine Geschichte dem Publikum nach und nach, anstatt sie im Nebulösen zu belassen. So entsteht eine unverwechselbare Mischung aus Realität und surrealen Elementen, vor deren Kulisse der Autor tiefgründige Charaktere agieren lässt. International hat der Roman die Kritik zu unterschiedlichen Äußerungen veranlasst, wurde jedoch gleichzeitig millionenfach verkauft – ein guter Grund, einen eigenen Blick auf dieses Erlebnis in Romanform zu werfen.

    Dieser Band umfasst die Teile 1 und 2, die 2009 erstmals veröffentlicht wurden. Ein weiterer Band, der die Geschichte fortsetzt und vollendet, erschien ein Jahr später.

    Genre
    Magischer Realismus
    Erstveröffentlichung
    2009
    Übersetzung
    Ursula Gräfe
  5. Das Geisterhaus
    von Isabel Allende

    Buchcover zu »Das Geisterhaus« von Isabel Allende
    •  Familiengeschichte 
    •  verfilmt 
    •  Chile 

    Mit Das Geisterhaus gab die chilenische Schriftstellerin Isabel Allende 1982 ihr Romandebüt. Darin erzählt sie die Geschichte der fiktionalen Familie Trueba über mehrere Generationen, die sie geschickt mit der politischen Lage in Chile vor und während der Pinochet-Diktatur sowie mit persönlichen Erfahrungen und fantastischen Elementen verwebt.

    Allendes sprachgewaltiger, bildhafter Schreibstil und die sorgfältig gezeichneten Charaktere haben den Roman zu einem internationalen Millionenerfolg gemacht. Mitte der Achtzigerjahre stand das Buch für 29 Wochen auf Platz 1 der deutschen Bestsellerliste. 1993 verfilmte es der dänische Regisseur Bille August mit hochkarätiger Besetzung: Meryl Streep, Glenn Close, Jeremy Irons, Winona Ryder und Antonio Banderas in den Hauptrollen.

    Genre
    Magischer Realismus
    Erstveröffentlichung
    1982
    Originalsprache
    Spanisch
    Originaltitel
    La casa de los espíritus
    Übersetzung
    Anneliese Botond
  6. Der Gott der kleinen Dinge
    von Arundhati Roy

    Buchcover zu »Der Gott der kleinen Dinge« von Arundhati Roy
    •  autobiografisch 
    •  Indien 

    Der Gott der kleinen Dinge ist der teilweise autobiografische Debütroman der indischen Schriftstellerin und Aktivistin Arundhati Roy. Er handelt von den Zwillingen Rahel und Estha, die als Kinder in verschiedenen Kontexten aufwachsen. Als Erwachsene wird das Zwillingspaar wiedervereint und tritt die Reise in eine Vergangenheit innerer familiärer und äußerer gesellschaftlicher Spannungen an.

    Roy fügt aus vielen kleinen Episoden das Puzzle der Geschichte einer Gesellschaft zusammen, die zwischen Tradition und kolonialem Erbe zum Zerreißen gespannt ist. Die poetische Sprache des Romans, seine komplexe Erzählstruktur und die tiefgründig erzählten Themen wie Kaste, Liebe, Tabus und Unterdrückung haben ihn zu einer internationalen Literatursensation gemacht. Das Buch wurde 1997 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet. Wer komplexe und poetische Geschichten schätzt, sollte sich mit Der Gott der kleinen Dinge auf eine fesselnde Reise nach Indien begeben.

    Genre
    Magischer Realismus
    Erstveröffentlichung
    1997
    Originalsprache
    Englisch
    Originaltitel
    The God of Small Things
    Übersetzung
    Anette Grube
  7. Bittersüße Schokolade
    von Laura Esquivel

    Buchcover zu »Bittersüße Schokolade« von Laura Esquivel
    •  Mexiko 
    •  Kochen 
    •  verfilmt 

    Bittersüße Schokolade von Laura Esquivel ist ein außergewöhnlicher Roman, den eine einzigartige Verschmelzung von Kochkunst und Emotion charakterisiert. Esquivel erzählt darin die Geschichte von Tita, einer jungen Frau im Mexiko des frühen 20. Jahrhunderts. Als letztgeborene Tochter darf Tita traditionsgemäß nicht heiraten, sondern muss für die Mutter sorgen. Titas verhinderte Leidenschaften drücken sich in ihren Kochkünsten aus, zum Beispiel als ihr Geliebter ihre älteste Schwester heiratet und Tita für die Hochzeit kochen muss.

    Der Roman verbindet auf geschickte Weise Elemente des magischen Realismus mit der mexikanischen Kultur und Tradition. Sein Titel – im Original „Como agua para chocolate“, deutsch „Wie Wasser für Schokolade“ – geht zurück auf eine mexikanische Redensart, die Menschen am Rande einer Gefühlsexplosion beschreibt. Alfonso Arau, Produzent der Romanverfilmung, beschrieb dies als den Zustand, in dem sich die Hauptfiguren der Geschichte fast ununterbrochen befinden. Bittersüße Schokolade wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt und weltweit über 3 Millionen mal verkauft.

    Die deutschsprachige Ausgabe des Romans ist derzeit leider vergriffen.

    Genre
    Magischer Realismus
    Erstveröffentlichung
    1989
    Originalsprache
    Spanisch
    Originaltitel
    Como agua para chocolate
    Übersetzung
    Petra Strien
  8. Chocolat
    von Joanne Harris

    Buchcover zu »Chocolat« von Joanne Harris
    •  Schokolade 
    •  märchenhaft 
    •  verfilmt 

    Chocolat von Joanne Harris erzählt die Geschichte der mysteriösen Vianne Rocher und ihrer Tochter Anouk, die in einer französischen Provinzstadt eine Schokoladenboutique eröffnen. Der ortsansässige Pfarrer erklärt ihnen und ihren köstlichen Versuchungen den Krieg und untersagt seinen Schäfchen den Kontakt. Doch Vianne hat das besondere Gespür für die Menschen: Sie weiß, welches Praliné für wen das richtige ist. Und so wird ihr Laden zum emotionalen Mittelpunkt der Gemeinschaft und dem Pfarrer ein immer größerer Dorn im Auge.

    Harris' Roman war sowohl in Deutschland als auch international ein Riesenerfolg. Er wurde in 40 Sprachen übersetzt und mit Starbesetzung verfilmt – in den Hauptrollen Juliette Binoche und Johnny Depp. Die Geschichte ist ein märchenhaft-magisches Plädoyer für mehr Toleranz und Lebensfreude und ein echter Genuss für die Geschmacksknospen der Fantasie.

    Die deutschsprachige Buchausgabe ist derzeit leider vergriffen.

    Genre
    Magischer Realismus
    Erstveröffentlichung
    1999
    Originalsprache
    Englisch
    Originaltitel
    Chocolat
    Übersetzung
    Charlotte Breuer
  9. Das Parfum
    von Patrick Süskind

    Buchcover zu »Das Parfum« von Patrick Süskind
    •  verfilmt 

    Das Parfum erzählt die Geschichte von Jean-Baptiste Grenouille, einem Parfümeur mit einem außergewöhnlichen Geruchssinn. Gewissermaßen durch seine Nase anstatt durch seine Augen erleben wir das Frankreich des 17. Jahrhunderts. Denn so erfährt er die Welt um sich herum, und so lebt er seine Obsession für Düfte auf getrieben-animalische Weise aus.

    Das Olfaktorische prägt deutlich die Erzählweise und vor allem die Sprache des Romans. Manche Beschreibungen erregen Ekel, und häufig zeigt sich, wie wort- und facettenreich das Erzählen abseits narrativer Konventionen sein kann. Mithin teilt sich das Publikum in zwei Lager: Die einen verschlingen das Buch, die anderen finden es scheußlich. Doch der Erfolg gibt der Story recht: Das Parfum ist ein Weltbestseller, der in fast 50 Sprachen übersetzt über 20 Millionen Mal verkauft wurde. Er hielt sich über 9 Jahre in der deutschen Bestsellerliste und gilt als einer der größten deutschen Romane des 20. Jahrhunderts, der obendrein hochkarätig verfilmt wurde.

    Genre
    Magischer Realismus
    Historischer Roman
    Erstveröffentlichung
    1985
  10. 10 

    Mitternachtskinder
    von Salman Rushdie

    Buchcover zu »Mitternachtskinder« von Salman Rushdie
    •  Familiengeschichte 
    •  Indien 

    Mitternachtskinder von Salman Rushdie erzählt die Geschichte von Saleem Sinai, einem Jungen, der am 15. August 1947 in der Nacht der Unabhängigkeit Indiens geboren wird. Er besitzt die Fähigkeit, telepathisch mit anderen Kindern zu kommunizieren, die in derselben Nacht geboren wurden. Als allwissender Erzähler beschreibt Saleem rückblickend die bewegte Geschichte seiner Familie von den Großeltern zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart Anfang der 1980er-Jahre und zeichnet so die historische Entwicklung Indiens nach.

    Auf beeindruckende Weise verbindet Rushdie in Mitternachtskinder Elemente des magischen Realismus, der politischen Satire und der historischen Fiktion. Die Kritik beschrieb ihn als den indischen Gabriel García Márquez und lobte seinen Roman für dessen literarische Qualität und historische Bedeutung. Mitternachtskinder, Rushdies bekanntestes Werk, erhielt 1981 den renommierten Booker Prize und wurde 2008 zum Sieger unter allen Gewinnern des Preises bis dato gekürt. 2012 erschien eine Filmadaption, bei der Regisseurin Deepa Mehta und Rushdie zusammenarbeiteten.

    Genre
    Magischer Realismus
    Erstveröffentlichung
    1981
    Originalsprache
    Englisch
    Originaltitel
    Midnight’s Children
    Übersetzung
    Karin Graf